Autor: Simone Leitner
Datum: 13.09.2007
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Zigarre: ausgeraucht?
Genuss versus Verbot: Produzenten
und Gastronomen sind um die Zigarre besorgt. Steht sie vor
dem Aus in Bars und Lounges? Die Branche sucht innovative
Lösungen.
Zigarren sind Kult. Trotz
Anti-Rauch-Diskussion wird kaum ein Event, kaum ein
Grossanlass ohne das luxuriöse Genussmittel gefeiert.
Zigarren-Lounges gehören längst zum Standardangebot bei
grossen Golfturnieren, ambitionierten Geschäftsanlässen oder
exklusiven Privatpartys. Neben dem extravaganten Catering
schätzen die Gäste Zigarren aller Formate und lassen sich in
feierlichem Ambiente gerne zu einem ausgedehnten
Rauchvergnügen verführen.
International ist die Zigarre zum
Lifestyle-Begleiter junger Promis geworden. In den USA
beispielsweise werben weltbekannte Rapper mit grossen
Zigarren, ohne auf der Payroll der Produzenten zu stehen.
Auch die Sängerin Lesley Bogaert und Rapper Bligg sind an
Partys oft mit Zigarre zu sehen. «Weil wir gerne geniessen
und weil Zigarren-Lounges an Events immer sehr stilvoll
eingerichtet sind», halten die Schweizer Musiker fest. Doch
wie lange diese gestylten Plätze in der Schweiz noch
eingerichtet werden können, wird kontrovers
diskutiert.Insider und Zigarren-Guru Heinrich Villiger ist
skeptisch: «Leider hat das Thema Zigarre in der Schweizer
Gastronomie zu grosser Unsicherheit geführt.»
Negative Impulse für die Schweizer Gastronomie
An der Suisse Tabac, der Schweizer
Fachmasse für die Tabakbranche in Basel, waren sich die
Fachleute am vergangenen Wochenende einig: Die
Anti-Rauch-Bewegung zeigt in der Gastronomie Wirkung. «Nicht
jeder Betrieb hat die Möglichkeit, ein abgetrenntes Fumoir
einzurichten», erklärt Salvatore Santo vom Havanna-Importeur
Intertabak. Es sei deshalb klar, dass sich das negativ auf
die Branche auswirke. Einen Schritt weiter geht Peter Rohner,
Geschäftsführer des Import- und Handelsunternehmens Zigarren
Wellauer: «So richtig problematisch würde es, wenn das
Arbeitsrecht zum Tragen käme. Dann dürften in den Fumoirs und
Cigar Lounges keine Angestellten mehr arbeiten.» Das wäre
dann wohl das Ende der Gemütlichkeit. Heinrich Villiger
betont, dass eine Lounge oder Bar «ohne Bedienung den Reiz
verliert» und bedauert, dass die Gesetze den Gastronomen die
Leidenschaft an der Zigarre und deren Verkauf nehmen würden.
Die Bilanz sieht wenig feierlich aus: «Die Zigarrenbranche
hat im Gastronomie-Sektor den Zenit überschritten», ist
Andreas Stachl sicher. Er ist am Puls der Branche. Sein
Unternehmen Astac beliefert viele Unternehmen mit Humidoren.
Immer mehr sind Innovation und neue Wege gefragt
Auf neue Wege und Innovation setzt Reto
Cina, CEO der Oettinger Davidoff Group. «Grossen Erfolg» habe
das Schweizer Unternehmen mit der «Davidoff Tour
Gastronomique», einem Anlass, welcher das Zusammenspiel von
Spitzengastronomie und Zigarren zelebriert. «Auch mit dem
Davidoff-Schiff auf dem Zürichsee liegen wir im Trend», freut
er sich. Dass sich die Anfragen nach Cigar-Bars aus dem In-
und Ausland häufen, zeigt Reto Cina, dass die Lust an der
Zigarre nach wie vor gross ist. «Es ist uns ein Anliegen, die
Gastronomie und Hotellerie in Sachen Lounges gut zu beraten»,
hält er fest. Auch Manuel Fröhlich, Besitzer des «Online
Premium Cigar Shop» und Zigarren-Blog-Betreiber, ist
ungebrochen positiv. Er ist überzeugt, dass die
Anti-Rauch-Diskussion auch gute Öffentlichkeitsarbeit für die
Zigarre leiste. Der Jungunternehmer setzt auf Innovation und
macht die Zigarre zu seinem persönlichen Business-Spielfeld.
Branche setzt auf verstärkte
Event-Tätigkeit und Tastings
Neue Wege beschreiten, heisst die Devise,
und verstärkte Event-Tätigkeit soll die Zigarre retten. Hier
sieht die Branche eine Chance und versucht, die
Umsatzeinbussen aufzufangen. Ekatarina Loskutnikov von
Bossner Cigars, Tochter des Firmengründers und Sales Manager,
hält fest, dass das Unternehmen neu Golfturniere lancieren
werde. Weitere Aktivitäten in diese Richtung sind auch bei
anderen Importeuren geplant. Andreas Stachl, der zwei
Fachgeschäfte in Rapperswil und Uster betreibt, schwört auf
Events. «Anlässe rund um die Zigarre werden gut besucht und
bieten hervorragende Möglichkeiten, den Genussaspekt
hervorzuheben», hält er fest und setzt auch auf Tastings von
neuen Produkten.
Amerikanischer Markt lässt die Zigarrenproduzenten hoffen
Optimismus lässt auch der amerikanische
Markt zu: Trotz der legendären und stetigen
Anti-Rauch-Stimmung in den USA nehmen die Zigarren-Importe
gewaltig zu: Im ersten Halbjahr 2007 sind knapp 141 Millionen
Premium-Zigarren in die USA importiert worden. Das sind stolze 8,3
Prozentpunkte mehr als im Vorjahressemester. Havannas, die
Premium-Zigarren aus Kuba, dürfen übrigens seit 1960 nicht
mehr in die USA eingeführt werden. Wie auch immer: Die
Umsatzzahlen 2007 lassen die Branche hoffen. Denn wenn der
US-Markt als Gradmesser für die Auswirkungen der
Anti-Tabak-Bewegung auf die Zigarrenverkäufe genommen wird,
dann können sich die Schweizer Produzenten und Händler etwas
entspannen.
Website von hotel revue:
www.htr.ch
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